3 Gründe, warum man dem Kita-Vertrag nicht zustimmen kann

1. Fehlende Richtlinie für die Kindertagespflege

Mit dem Kita-Vertrag überträgt der Landkreis OHV die Satzungshoheit für die Kindertagespflege in Sachen Anerkennungsbetrag (Finanzierungs- und Ausstattungsgrundlage) auf die Gemeinde Löwenberger Land. Eine eigene Richtlinie des Landkreises OHV hierzu gibt es nicht. Es gab sie auch seit Gültigkeit des alten Kita-Vertrages (2004) nicht. Das ist rechtswidrig.

Begründung: Eine ausführliche Begründung haben wir bereits am 16.07.2020 veröffentlicht. Sie basiert auf einem Gerichtsurteil der höchsten Instanz in Brandenburg vom 22.06.2020. Sie finden die Begründung HIER

Die Gemeinde Löwenberger Land kennt das Urteil seit dem 14.07.2020. In der Folge gab der Bürgermeister mehrfach an, das Urteil des OVG vom 22.06.2020 würde in einer Art Widerspruch zu einem Urteil des gleichen OVG vom 10.10.2019 stehen. Der gleiche Senat dieses OVG habe in der Frage, ob eine Richtlinie zur Regelung des Anerkennungsbetrags vom Landkreis erstellt werden muss, unterschiedlich geurteilt.

Diese Aussage ist nicht zutreffend. Der Senat hat nicht widersprüchlich entschieden. Es hilft ein Blick in die Urteile

a.) Urteil 10.10.2019

Dessen ungeachtet könnte eine unzulässige Übertragung der Aufgabe „Kindertagespflege“ mit Blick auf die jeweilige Eigenständigkeit der Regelungen der angegriffenen Satzung zur Kindertagespflege einerseits und zur Kindertagesbetreuung andererseits und unter Heranziehung des Rechtsgedankens aus § 139 BGB von den Antragstellern, deren Kinder nicht in Tagespflege betreut werden, nicht mit Erfolg gerügt werden

Auszug aus dem Urteil vom 10.10.2019

b.) Urteil 22.06.2020)

Demzufolge haben die Träger der öffentlichen Jugendhilfe abschließend zu entscheiden, wie sie den Anerkennungsbetrag berechnen und welche Höhe er hat (BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2018 – 5 C 18/16 – juris Rn. 10).

Auszug aus dem Urteil vom 22.06.2020

Das Urteil vom 10.10.2019 sagt: Eltern, deren Kinder NICHT in der Kindertagespflege bei einer Tagesmutter oder einem Tagesvater betreut werden, haben keine Chance, sich auf dem Rechtsweg (Rüge) gegen eine unzulässige Übertragung der Aufgabe “Kindertagespflege” zur Wehr zu setzen. Es geht also um die Frage, wer befugt ist, diese Übertragung rechtlich, per Rüge, anzugreifen. Es geht in keiner Weise darum, ob die Richtlinie zum Anerkennungsbetrag überhaupt übertragbar ist, oder nicht. Schon gar nicht stellt dieser Passus klar, dass die Aufgabe, eine Richtlinie zu erstellen, übertragbar wäre.

Das Urteil vom 22.06.2020 sagt: Eine Richtlinie zur Bezahlung der Kindertagespflegepersonen muss vom Landkreis erstellt werden.

Deutlicher, als diese Gegenüberstellung, kann man den Irrtum, dem hier die Gemeinde Löwenberger Land unterliegt, nicht machen. Und dennoch hält man daran fest, es handele sich bei der Richtlinie zum Anerkennungsbetrag der Kindertagespflege um eine übertragbare Aufgabe. Nein, sie ist nicht übertragbar.

Auf Basis dieser beiden Urteile kann man diesem Vertrag nicht zustimmen.

2. Die Kosten für die zu übernehmenden Aufgaben sind unklar

Im Rahmen des Schul- und Sozialausschusses am 01.09.2020 fragten wir nach, wie hoch die Kosten für die Übernahme der Aufgaben gem. § 2 des Vertragsentwurfs sind. Es handele sich grob “um zwei Stellen” (keine weitere Angabe). Einen Vertrag, dessen Kosten man in einer so wichtigen Frage nicht kennt, sollte man nicht schließen.

Dabei geht es überhaupt nicht darum, bestimmte Aufgaben in die Zuständigkeit des Landkreises OHV zu übergeben/zu überlassen und damit womöglich Nachteile für Eltern zu erzeugen. Es geht einzig und allein darum, dass für Aufgaben, die von unserer Gemeinde übernommen werden, auch Gelder vom Landkreis OHV an die Gemeinde fließen sollen. Die Kosten für die zu übernehmenden Aufgaben sind Teil der Platzkostenkalkulation und können sich damit direkt auf die Gebühren für die Kindertagesstätten und die Kindertagespflege auswirken. Je mehr Aufgaben die Gemeinde Löwenberger Land übernimmt, ohne dafür Geld zu bekommen, desto höher steigen die Kosten je Betreuungsplatz und desto höher müssten die Gebühren für die Eltern ausfallen.

3. Entlastung der Stadt Liebenwalde auf Kosten aller anderen

Mit dem Kita-Vertrag verpflichtet sich die Gemeinde Löwenberger Land, 6.328 Euro aus dem eigenen Haushalt zu zahlen, damit die Stadt Liebenwalde den Kita-Vertrag überhaupt unterzeichnet und um über 407.000 Euro entlastet wird. Die anderen Städte und Gemeinden sowie der Landkreis übernehmen nach dieser Regelung zusammen gut 400.000 Euro. Eine solche Vereinbarung war weder Gegenstand der Absichtserklärung zum Kita-Vertrag, noch wurde sie mit Abgeordneten in der Gemeindevertretung oder einem Ausschuss abgestimmt. Die Verhandlungspartner (Bürgermeister/innen und Landrat) haben diesen Kompromiss trotz der Auswirkungen auf die Haushalte ohne Beteiligung der politischen Gremien verhandelt.

Hintergrund: In Liebenwalde ist die Firma LIDL ansässig und führt dort Gewerbesteuern ab. Der Gewerbesteuersatz in Liebenwalde liegt deutlich unter dem durchschnittlichen Steuersatz in Brandenburg. Es handelt sich um einen klaren Standortvorteil und Steuereinnahmen in erheblicher Höhe. Dieser Vorteil führte dazu, dass Liebenwalde aus dem Finanzierungsmodell der Kreisumlage im Kita-Vertrag keine Gelder erhielt, sondern im Gegenteil sogar zuzahlen musste. Jetzt gleichen alle Kommunen den Standortvorteil in Liebenwalde aus, damit dort der Gewerbesteuersatz niedrig bleiben kann und weiterhin hohe Steuereinnahmen generiert werden können. Das ist nicht solidarisch, sondern es stützt bewusst gewählte Steuervorteile einer einzelnen Stadt. Gleichzeitig zeigt sich hier, dass die Behauptung falsch war, das Finanzierungsmodell über die Kreisumlage “habe sich bewährt”. Es hat sich nicht bewährt, denn eine derart elementare Änderung dieses Finanzierungsmodells belegt das Gegenteil.

Wir lehnen den Kita-Vertrag vor dem Hintergrund dieser drei großen Defizite ab und danken insbesondere dem KiTa-Elternbeirat OHV für die dortige Expertise.

Ihre FDL

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